
Teil V: Worauf es bei IT-Strategien jetzt wirklich ankommt
Was aus fünf Teilen folgt – mit einer fundierten Checkliste für nachhaltige IT-Entscheidungen.
Die Cloud ist kein Allheilmittel. On-Premise ist keine Altlast. Und hybride Infrastrukturen sind kein fauler Kompromiss, sondern in vielen Fällen die realistischste Antwort auf ein komplexes Anforderungsprofil. Was bleibt nach fünf Teilen über Wirtschaftlichkeit, Kontrolle und digitale Souveränität?
Dieser Artikel fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen – mit konkreten Empfehlungen für IT-Leiter:innen, Architekt:innen und Entscheider:innen, die 2025 die richtigen Weichen stellen wollen.
Rückblick: Was die letzten Jahre gelehrt haben
Die Debatte rund um Cloud vs. On-Prem war lange geprägt von ideologischen Gegensätzen: Skalierbarkeit vs. Kontrolle, Innovation vs. Sicherheit, CAPEX vs. OPEX. Doch die Realität im Jahr 2025 ist eine andere:
- Viele Unternehmen haben erste Cloud-Erfahrungen gemacht – und dabei nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen kennengelernt.
- Die regulatorische Lage verschärft sich – von DSGVO über CLOUD Act bis zu nationalen Datenschutzrichtlinien.
- Die Kostenstruktur der Hyperscaler wird zunehmend weniger transparent – bei gleichzeitig wachsendem Leistungsbedarf (z. B. durch KI).
- Gleichzeitig ermöglichen moderne Hardwareplattformen und Software-Stacks On-Premise-Lösungen, die nicht nur konkurrenzfähig, sondern in vielen Szenarien überlegen sind.
Das Resultat: Unternehmen suchen wieder verstärkt nach technologiesouveränen, wirtschaftlich tragfähigen und strategisch steuerbaren Lösungen.
Drei zentrale Erkenntnisse für nachhaltige IT-Strategien
1. Es gibt keine Pauschallösungen – nur Kontext
Jede Entscheidung für oder gegen bestimmte Infrastrukturen muss aus dem konkreten Bedarf heraus getroffen werden:
- Wie sieht das Lastprofil der Workloads aus?
- Welche Compliance- oder Datenschutzanforderungen bestehen?
- Wie schnell müssen Systeme skaliert werden können – und in welche Richtung?
Wer diese Fragen nicht sauber beantwortet, entscheidet auf Basis von Bauchgefühl oder Marketing – nicht auf Grundlage belastbarer Parameter.
2. Wirtschaftlichkeit ist messbar – wenn man es richtig macht
TCO-Betrachtungen, Lastanalysen, FinOps-Disziplinen – all das ist kein Selbstzweck, sondern die Basis wirtschaftlicher Planung.
Cloud-Kosten sind nicht per se günstiger. On-Prem-Kosten sind nicht automatisch besser planbar. Entscheidend ist die Transparenz über den Ressourcenverbrauch, seine Dynamik und seine Auswirkungen auf Budgets, Prozesse und Verantwortlichkeiten.
3. Souveränität ist ein strategisches Asset – nicht nur ein Risiko-Argument
In Zeiten geopolitischer Unsicherheit, wachsender Regulatorik und wirtschaftlicher Konzentration auf wenige Hyperscaler wird digitale Souveränität zur Frage der Zukunftsfähigkeit:
- Wer seine Daten nicht unabhängig kontrollieren kann, riskiert Datenschutzverstöße.
- Wer seine Infrastruktur nicht selbst betreiben oder wechseln kann, riskiert Vendor-Lock-ins.
- Wer sich blind auf externe Dienste verlässt, riskiert Betriebsunterbrechungen – ohne Exit-Strategie.
Checkliste: Infrastrukturstrategie 2025
Kategorie | Prüffrage | Ziel | Typischer Output |
---|---|---|---|
1. Workload-Analyse | Welche Workloads sind dauerhaft aktiv, welche nur sporadisch? | Ableitung geeigneter Betriebsmodelle (Cloud, Hybrid, On-Prem) | Workload-Kategorisierung nach Nutzungsmuster |
Welche Anforderungen bestehen an Performance, Latenz und Verfügbarkeit? | Entscheidung über Standort, Storage-Technologie, Netzwerkdesign | Mapping auf SLAs und Infrastrukturanforderungen | |
Welche Systeme sind systemkritisch oder ausfallsensibel? | Priorisierung für Redundanz, Monitoring und Eigenbetrieb | Liste kritischer Anwendungen mit Betriebsmodellen | |
2. Kosten & Wirtschaftlichkeit | Wie sehen die TCO über 3–5 Jahre aus (Cloud vs. On-Prem)? | Transparenz über alle direkten und indirekten Kosten | TCO-Modell inkl. CAPEX, OPEX, Support, Personal |
Wo entstehen Egress-Kosten, Lizenzabhängigkeiten oder Überprovisionierung? | Aufdecken versteckter Cloud-Kosten (Cloud Waste, Lock-in) | FinOps-Analyse / Cloud-Kosten-Reporting | |
Wie lassen sich Lastspitzen wirtschaftlich abfangen? | Entscheidung über Hybrid-Ansätze (Burst-Workloads) | Architekturvorschlag inkl. Peak-Szenarien | |
3. Daten & Compliance | Welche Daten unterliegen regulatorischen Anforderungen (DSGVO, ISO, FINMA etc.)? | Sicherstellung gesetzeskonformer Verarbeitung | Datenklassifizierung nach Schutzbedarf |
Welche Daten dürfen oder müssen lokal gespeichert werden? | Entscheidung über Betriebsort und Speicherstruktur | Mappings für Datenlokalisierung | |
Wer hat technisch und juristisch Zugriff auf Daten? | Kontrolle über administrative Pfade und Rechtsräume | Übersicht zu Jurisdiktion, Zugriffspfaden, Audit-Konzept | |
4. Sicherheit & Zugriff | Ist das Identitäts- und Berechtigungsmanagement über alle Systeme hinweg konsistent? | Schutz vor internen und externen Zugriffslücken | Konsolidiertes IAM-Konzept (SSO, MFA, RBAC) |
Gibt es Mandantentrennung, Schlüsselhoheit und Nachvollziehbarkeit bei Zugriffen? | Absicherung kritischer Zugänge und Abläufe | Zero-Trust-Implementierung / Audit-Richtlinie | |
Werden sicherheitsrelevante Logs zentral gespeichert und ausgewertet? | Revisionssicherheit, schnellere Reaktion im Ernstfall | Zentrales Logging & Alerting (SIEM) | |
5. Architektur & Technologie | Welche Systeme müssen hybrid oder orchestriert betrieben werden? | Sicherstellung von Interoperabilität und Vermeidung von Silos | Integrationsplan für Cloud, On-Prem, Edge |
Wie modular ist die aktuelle Infrastruktur erweiterbar? | Zukünftige Anforderungen ohne Re-Design abbilden können | Skalierungs- & Erweiterungspfad | |
Gibt es technische Exit-Szenarien bei Anbieterabhängigkeiten oder Kostenrisiken? | Risikomanagement bei Cloud-Repatriierung oder Migration | Exit-Plan mit definierten Metriken & Bedingungen | |
6. Strategie & Betrieb | Wird On-Premise aktiv als strategische Option betrachtet – nicht nur als Altlast? | Objektive Bewertung aller Betriebsmodelle | Architekturentscheidung mit Begründung |
Wie viel technologische Eigenverantwortung will und kann das Unternehmen übernehmen? | Abgleich von Betriebsmodell mit Ressourcen & Know-how | Betriebsmodell-Matrix (intern, extern, gemischt) | |
Gibt es ein definiertes Gremium oder Prozess für Infrastrukturentscheidungen? | Governance, Verantwortlichkeiten und Rollenklarheit | Entscheidungspfad mit Review-Intervallen |
Fazit: Wer gestalten will, muss Klarheit schaffen
Der beste Zeitpunkt, über Infrastruktur neu nachzudenken, ist nicht „irgendwann“ – sondern jetzt. Denn die Spielräume sind da: technologisch, wirtschaftlich und strategisch.
Wer die nötigen Fragen stellt, Transparenz über die eigene Landschaft gewinnt und externe Versprechen realistisch prüft, kann IT-Infrastrukturen schaffen, die nicht nur leistungsfähig und sicher, sondern auch dauerhaft beherrschbar sind.
Und das ist die eigentliche Stärke souveräner Architektur: Nicht alles selbst machen – aber alles selbst entscheiden können.